Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB nicht mehr „unverzüglich“ nach über 14-monatiger Verfahrensdauer in der Beschwerdeinstanz
Eine Information der Öffentlichkeit über lebensmittelrechtliche Verstöße gem. § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB („Lebensmittelpranger“) muss nach dem Wortlaut des Gesetzes „unverzüglich“ erfolgen. Nach bisheriger in der Rechtsprechung überwiegend vertretener Auffassung stand aber selbst ein mehrmonatiger zeitlicher Abstand zwischen der zugrundeliegenden Kontrolle und der Veröffentlichung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten einer Veröffentlichung zu diesem späten Zeitpunkt dann nicht entgegen, wenn der Zeitverzug maßgeblich auf die Rechtswahrnehmung des betroffenen Unternehmers zurückzuführen ist, zum Beispiel weil die Behörde wegen eines laufenden gerichtlichen Eilverfahrens von der Veröffentlichung abgesehen hat. Anderenfalls würde das Ergebnis des gerichtlichen Eilverfahrens in vielen Fällen praktisch bedeutungslos, da trotz Erfolglosigkeit des gerichtlichen Rechtsbehelfes die Veröffentlichung dann stets wegen fehlender Unverzüglichkeit unterbleiben müsste (vgl. hierzu Streinz/Meisterernst/Holle, § 40 LFGB, Rn. 157 m. w. N.).
Nunmehr hat allerdings das Bundesverfassungsgericht in einem aktuellen Fall der Verfassungsbeschwerde eines betroffenen Lebensmittelunternehmers stattgegeben, die sich gegen eine gerichtliche Eilentscheidung des Hessischen VGH zu einer beabsichtigten Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB richtete (BVerfG, Beschluss vom 28.07.2025 – Az.: 1 BvR 1949/24, vgl. Pressemitteilung vom 19.08.2025). Zwar sei bei der Beantwortung der Frage, ob eine Veröffentlichung noch „unverzüglich“ erfolgt, die zeitliche Verzögerung, die auf einem laufenden gerichtlichen Eilverfahren beruht, grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit gebietet es aber mit Blick auf die Gesamtdauer des Verfahrens mit einzubeziehen, ob und inwieweit die eingetretene zeitliche Verzögerung noch angemessen ist.
In dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall lag der Zeitpunkt der der Veröffentlichung zugrundeliegenden Betriebskontrolle bereits rund 17 Monate zurück. Das in diesem Zusammenhang eingeleitete verwaltungsgerichtliche Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz war mehr als 14 Monate in der Beschwerdeinstanz beim Verwaltungsgerichtshof anhängig. Eine Veröffentlichung konnte daher nach BVerfG schon wegen dieser langen zeitlichen Verzögerung ihren Zweck nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr in einer Aktualität erreichen, die den Eingriff in das Grundrecht des betroffenen Unternehmers aus Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigen könnte. Zwar könne die Durchführung eines gerichtlichen Eilverfahrens die Unverzüglichkeit einer Veröffentlichung grundsätzlich nicht in Frage stellen, aufgrund der Dauer in dem entschiedenen Fall habe sich jedoch die Unverhältnismäßigkeit der Veröffentlichung aufdrängen müssen, zumal weder ersichtlich war, dass die zeitliche Verzögerung der Sphäre des betroffenen Unternehmers zuzurechnen war, noch sachliche Gründe erkennbar waren, die die eingetretene zeitliche Verzögerung noch als angemessen erscheinen lassen konnten.
Redaktion: Manuel Immel