Am 04.03.2021 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die Verordnung (EU) 2021/382 veröffentlicht, mit der wesentliche Änderungen der Anhänge der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 herbeigeführt werden.

Allergenmanagement

Die Verordnung sieht eine ergänzende Verpflichtung für das Allergenmanagement der Lebensmittelunternehmer vor.

Lebensmittelunternehmer der Primärstufe sowie der nachfolgenden Stufen müssen sicherstellen, dass Ausrüstungen, Transportbehälter und/oder Container, die für die Ernte, Verarbeitung, Handhabung, Lagerung und Beförderung von Lebensmitteln gem. Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV), die Unverträglichkeitsreaktion auslösen können, verwendet werden, nicht für die Ernte, Verarbeitung, Handhabung, Lagerung und Beförderung von Lebensmitteln verwendet werden, die diese Stoffe oder Erzeugnisse nicht enthalten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die entsprechenden Behältnisse zuvor gereinigt und zumindest per Sichtkontrolle darauf überprüft wurden, dass keine Reste der allergenen Lebensmittel mehr vorhanden sind.

Umverteilung von Lebensmitteln (Lebensmittelspenden)

Der Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 wird um ein neues Kapitel Va ergänzt, das die Umverteilung von Lebensmitteln in Form von Lebensmittelspenden regelt. Lebensmittelspenden sind danach unter folgenden Bedingungen zulässig:

  • Routinemäßige Überprüfung, ob das Lebensmittel noch sicher ist. Bei dieser Prüfung müssen insbesondere folgende Kriterien berücksichtigt werden:
    • ausreichende Resthaltbarkeit des Produktes, wobei gewährleistet sein muss, dass die verbleibende Haltbarkeitsdauer ausreicht, um eine sichere Umverteilung und Verwendung durch den Endverbraucher zu ermöglichen
    • gegebenenfalls die Unversehrtheit der Verpackung
    • die ordnungsgemäßen Lager- und Beförderungsbedingungen, einschließlich der geltenden Temperaturanforderungen
    • gegebenenfalls das Einfrierdatum
    • die organoleptischen Bedingungen, also die Sensorik des Produktes sowie
    • die Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 931/2011 bei Erzeugnissen tierischen Ursprungs
  • Weist das Lebensmittel ein Verbrauchsdatum auf, muss die Abgabe vor Ablauf des Datums erfolgen. Weist das Lebensmittel ein Mindesthaltbarkeitsdatum auf, ist die Abgabe auch bis zu und nach diesem Datum möglich.

Lebensmittelsicherheitskultur

Weiterhin wird ein neues Kapitel XIa geschaffen, mit der Lebensmittelunternehmer dazu verpflichtet werden, eine angemessene Lebensmittelsicherheitskultur einzuführen, aufrechtzuerhalten und nachzuweisen. Die Lebensmittelsicherheitskultur ist ein Konzept, das die Lebensmittelsicherheit durch die Sensibilisierung und die Verbesserung des Verhaltens der Beschäftigten in Lebensmittelbetrieben erhöht.

Danach werden folgende Anforderungen an die Lebensmittelunternehmer gestellt:

  • Verpflichtung der Betriebsleitung sowie aller Beschäftigten zur sicheren Produktion und Verteilung von Lebensmitteln. Die Betriebsleitung muss sich in diesem Rahmen unter anderem zu Folgendem verpflichten:
    • Sicherstellung, dass die Aufgaben und Zuständigkeiten innerhalb jedes Tätigkeitsbereichs des Lebensmittelunternehmens klar kommuniziert werden
    • Wahrung der Integrität des Lebensmittelhygienesystems bei der Planung und Umsetzung von Änderungen
    • Vergewisserung, dass Kontrollen rechtzeitig und effizient durchgeführt werden und die Dokumentation auf dem neuesten Stand ist
    • Sicherstellung, dass das Personal angemessen geschult und beaufsichtigt wird
    • Gewährleistung, dass die einschlägigen regulatorischen Anforderungen erfüllt werden
    • Kontinuierliche Förderung der Verbesserung des Managementsystems des Unternehmens für die Lebensmittelsicherheit, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Entwicklungen in den Bereichen Wissenschaft, Technologie und bewährte Verfahren
  • Führungsrolle bei der Produktion sicherer Lebensmittel und der Einbeziehung aller Beschäftigten in die Verfahren zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit
  • Sensibilisierung aller Beschäftigten des Unternehmens für Gefahren für die Lebensmittelsicherheit und für die Bedeutung der Lebensmittelsicherheit und -hygiene
  • offene und klare Kommunikation zwischen allen Beschäftigten des Unternehmens, sowohl innerhalb eines Tätigkeitsbereiches als auch zwischen hintereinandergeschalteten Tätigkeitsbereichen, einschließlich der Mitteilung von Abweichungen und Erwartungen

Zurverfügungstellung ausreichender Ressourcen zur Gewährleistung eines sicheren und hygienischen Umgangs mit Lebensmitteln

Bei der Umsetzung der Lebensmittelsicherheitskultur sind weiterhin die Art und Größe des Lebensmittelunternehmens zu berücksichtigen.

Durch die vorgenannten Vorgaben wird faktisch die Bedeutung der lebensmittelrechtlichen Verantwortungsdelegation hervorgehoben und deren ordnungsgemäße Installation und Durchführung festgeschrieben.

Aufgrund dieser ausdrücklichen Festschreibung steht zu erwarten, dass es künftig zu verstärkten Überprüfungen der Delegationsstrukturen und deren tatsächlicher Umsetzung innerhalb der Lebensmittelunternehmen kommen wird, weshalb Lebensmittelunternehmer prüfen sollten, ob eine solche Delegation erforderlich ist bzw. ordnungsgemäß vorgenommen wurde.

Die Verordnung tritt am 24.03.2021 in Kraft.

 

Redaktion: Dr. Clemens Comans