ALS-Beschlüsse der 114. Arbeitstagung 2019 veröffentlicht
Der Arbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (ALS) hat seine Stellungnahmen der 114. Sitzung vom 30. September bis 02. Oktober 2019 veröffentlicht. Diese können auf der Internetseite des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit über folgenden Link abgerufen werden.
Der Arbeitskreis weist eingangs darauf hin, dass derzeit alle bereits veröffentlichten Stellungnahmen auf ihre Aktualität überprüft werden. Ein Großteil der bisherigen Stellungnahmen sei bereits begutachtet und überarbeitet worden. Der Prozess sei jedoch noch nicht abgeschlossen. Unter diesen Voraussetzungen stehen auch die aktuellen ALS-Stellungnahmen. Eine Vielzahl von Stellungnahmen betrifft Fragestellungen, die bereits in der Vergangenheit beantwortet wurden und die ursprünglichen Stellungnahmen ersetzen.
Wie stets betreffen die Stellungnahmen des ALS die gesamte Lebensmittelbranche sowie das Feld der kosmetischen Mittel. Im Rahmen der 114. Arbeitstagung erfolgten Stellungnahmen zu folgenden Themen:
- Verschiedene Stellungnahmen zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben
- Angabe des Kochtyps in der Bezeichnung von Speisekartoffeln
- Zulässigkeit der Verwendung von Konservierungsmitteln bei Fruchtschorlen
- Einordnung von Ballaststoffen als technologischer Zusatzstoff oder (aus ernährungsphysiologischen Gründen zugesetzter) Nährstoff
- Zulässigkeit des Mischens verschiedener Mahlfraktionen einer Getreideart bei der Standardisierung von Vollkornmahlerzeugnissen
- Beurteilung von Tomatenmark
- Kennzeichnung von jodiertem Speisesalz
- Nährwertdeklaration bei getrockneten Hülsenfrüchten und Getreidekörnern
- Verschiedene Stellungnahmen zum Weinrecht
- Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verwendung mehrseitiger Etiketten
- Die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ bei klassischer Mutagenese und fremdsprachige Gentechnik-Kennzeichnung
- Verschiedene Stellungnahmen zu kosmetischen Mitteln
Auf einige der Stellungnahmen möchten wir besonders hinweisen.
Dabei handelt es sich zunächst um die Stellungnahme Nr. 2019/65 zu nährwertbezogenen Angaben. Diese Stellungnahme ersetzt die Stellungnahme Nr. 2010/57. Die Ziffern 1, 3 und 4 bleiben im Wesentlichen unverändert. Nach Ziffer 1 sind Hinweise auf das Fehlen von Allergenen nicht als nährwertbezogene Angaben zu beurteilen. Sofern ein entsprechender Stoff üblicherweise nicht enthalten ist, soll ein Zusatz wie „von Natur aus“ erforderlich sein. Nach Ziffer 3 sind Angaben zu einem niedrigen Gehalt oder zur Abwesenheit von Cholesterin unzulässig. Gleiches gilt nach Ziffer 4 für die Auslobung „ohne Trans-Fettsäuren“.
Grundlegend geändert hat sich demgegenüber die Beurteilung des ALS zu Auslobungen bzgl. Inhaltsstoffen einer Zutat des Lebensmittels. Beispiele sind Auslobungen wie „Soja enthält von Natur aus Isoflavone“ oder „Tomaten enthalten von Natur aus Lycopin“.
Im Jahr 2010 vertrat der ALS noch die Auffassung, ein Hinweis auf das Vorhandensein eines Stoffes in einer Zutat sei nicht als nährwertbezogene Angaben zu bewerten, weil dem Lebensmittel keine besondere Nährwerteigenschaft zugesprochen werde. In der aktuellen Stellungnahme wird demgegenüber die Ansicht vertreten, durch eine entsprechende Auslobung werde mittelbar zum Ausdruck gebracht, dass das Endprodukt ebenfalls die entsprechende positive Nährwerteigenschaft aufweise. Lebensmittelunternehmer, deren Kennzeichnung auf der bisherigen Ansicht des ALS beruhte, sollten ihre Etikettierung vor diesem Hintergrund nochmals überprüfen.
Keine inhaltlichen Neuerungen ergeben sich demgegenüber aus der Stellungnahme Nr. 2019/69 bzgl. Ballaststoffen in Fleischerzeugnissen und anderen Lebensmitteln. Der ALS hat hier im Wesentlichen sprachliche Anpassungen vorgenommen und Verweise auf Rechtstexte aktualisiert. Entscheidend ist weiterhin die Frage, ob die Verwendung der Ballaststoffe dazu führt, dass aufgrund der Gesamtballaststoffmenge eine Auslobung als „Ballaststoffquelle“ nach der Health-Claims-Verordnung Nr. 1924/2006 möglich ist (3 g/100 g oder 1,5 g/100 kcal). Ist eine solche Auslobung zulässig, wird von einer Verwendung aus ernährungsphysiologischen Gründen ausgegangen. Dies führt zwar zu einer Kennzeichnungspflicht der jeweiligen Ballaststoffe im Zutatenverzeichnis, der Einsatz ist jedoch zulässig. Werden die erforderlichen Werte demgegenüber nicht erreicht, wird von einer Verwendung als technologischem Zusatzstoff ausgegangen. Da diesbezüglich in der Regel keine Zusatzstoffzulassung besteht, sei die Verwendung dann unzulässig.
Bedeutsam ist die Stellungnahme Nr. 2019/72 zur Kennzeichnung von jodiertem Speisesalz. Danach darf jodiertes Speisesalz im Zutatenverzeichnis als solches bezeichnet werden. Es ist jedoch eine Angabe der einzelnen Zutaten des Salzes erforderlich. Wird jodiertes Speisesalz an den Endverbraucher abgegeben, muss ein Zutatenverzeichnis angegeben werden.
Zu einer weiteren Änderung in der Beurteilung führt die Stellungnahme Nr. 2019/86 bzgl. der Verwendung von mehrseitigen Etiketten. Hier vertrat der ALS in seiner Stellungnahme Nr. 2012/10 noch die Auffassung, ohne einen „verbalen Hinweis“ auf die Fortsetzung der verpflichtenden Angaben auf der Innenseite des Etiketts seien diese Angaben als verdeckt im Sinne von § 3 Satz 3 LMKV zu beurteilen. Auf die im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung des Art. 13 Abs. 1 der Lebensmittelinformationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011 war der ALS damals nicht gesondert eingegangen. Mit der aktuellen Stellungnahme legt der ALS die Regelungen anwenderfreundlicher aus und lässt jeden eindeutigen und deutlich sichtbaren Hinweis auf die Mehrseitigkeit ausreichen. Dieser kann nun nicht mehr nur „verbal“, sondern auch „mithilfe eines deutlich sichtbaren Pfeils“ erfolgen. Wichtig ist jedoch, dass grundsätzliche Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verwendung mehrseitiger Etiketten weiterhin die Nutzung aus Platzmangel ist. Der Einsatz sogenannter Leporellos dürfte damit weiterhin auf kleine Verpackungen begrenzt sein, bei denen anderenfalls kein ausreichender Platz für eine vollständige Etikettierung vorhanden ist sowie auf solche Verpackungen, bei denen aus technischen Gründen eine anderweitige Kennzeichnung nicht in Betracht kommt.
Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass den Stellungnahmen des ALS keine rechtliche Bindungswirkung zukommt. Es handelt sich jedoch um fachliche Einschätzungen staatlicher Sachverständiger, so dass diesen Stellungnahmen in etwaigen Rechtsstreitigkeiten eine besondere Bedeutung zukommt. Nichtsdestotrotz kann die Richtigkeit der jeweiligen Auffassungen durch eigene Beweismittel widerlegt werden.
Redaktion: Christian Weigel