Am 01.04.2021 wurden auf der Homepage des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die ALS-Stellungnahmen aus der 115. Sitzung aus dem Jahre 2020 bekanntgemacht. Diese können Sie hier einsehen.

Die Stellungnahmen beschäftigen sich mit zahlreichen Fragestellungen aus dem Bereich des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständerechts. Besonders hervorzuheben sind dabei die Stellungnahmen zu folgenden Themen:

Angabe zur Feststellung der Partien nach § 5 TLMV

Die genannte Vorschrift sieht vor, dass im Rahmen der Etikettierung von tiefgekühlten Lebensmitteln u. a. der Zeitraum angegeben werden muss, während dessen das Lebensmittel beim Verbraucher gelagert werden kann. Hierbei handelt es sich um eine Angabe, die nicht zwingend mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum identisch sein muss, dies jedoch regelmäßig ist. Der ALS stellt hierzu zutreffend fest, dass die Angabe ausnahmsweise nicht erforderlich ist, wenn ein Mindesthaltbarkeitsdatum gemäß den Vorgaben der LMIV in der Kennzeichnung des Lebensmittels angegeben wird.

Nährwertangaben im Hauptsichtfeld von Lebensmitteln

In der Stellungnahme 2020/02 setzt sich der ALS mit der Angabe eines Nährstoffgehaltes aus der Nährwertdeklaration außerhalb der Nährwerttabelle, bspw. im Hauptsichtfeld, auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um eine wiederholende Nährwertangabe handele, die nur dann zulässig sei, wenn die entsprechenden Anforderungen der LMIV eingehalten werden. Anders sei dies jedoch zu beurteilen, wenn die Angabe mit einer zugelassenen nährwertbezogenen Angabe gekoppelt ist bzw. als deren Konkretisierung verstanden werden kann. Demnach erachtet der ALS bspw. die Angabe „fettarm, nur 2 % Fett“ oder „Proteinquelle“ gepaart mit der Angabe „25 g Protein pro Becher“ etc. für zulässig. Isolierte Angaben wie „4 % Fett“, „50 % Eiweiß“ werden hingegen als unzulässig erachtet.

Auslobung „vegan“ bzw. „vegetarisch“

Der ALS setzt sich mit der Frage auseinander, ob die Angaben „vegan“ bzw. „vegetarisch“, beispielsweise bei Monoprodukten, eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten darstellen können. Dies bejaht der ALS und führt aus, dass eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten bei solchen Produkten durch den zusätzlichen Hinweis „von Natur aus …“ vermieden werden kann.

QUID-Angabe bei zusammengesetzten Zutaten

Der ALS ist der Auffassung, dass es stets erforderlich ist, die Zutaten, für die eine QUID-Kennzeichnung erforderlich ist, bezogen auf das Endprodukt anzugeben. Dies gelte auch dann, wenn die entsprechenden Angaben freiwillig bereitgestellt werden. Die QUID-Angabe einer Zutat innerhalb des Zutatenverzeichnisses mit der Bezugsgröße „zusammengesetzte Zutat“ sei daher nur dann möglich, wenn diese zusätzlich zu der mengenmäßigen Angabe der Zutat bezogen auf das Endprodukt erfolge.

Einstufung von essbaren Alternativen zu Einwegkunststoffen, z. B. essbare Trinkhalme

Der ALS weist darauf hin, dass die Abgrenzung zwischen einem Bedarfsgegenstand mit Lebensmittelkontakt einerseits und Lebensmitteln andererseits eine Einzelfallentscheidung ist und stets produktbezogen erfolgen muss. Zutreffend kommt der ALS zu dem Ergebnis, dass es sich bei solchen Alternativprodukten um ein Lebensmittel handelt, wenn diese als Hilfsmittel zum Verzehr anderer Lebensmittel dienen, da deren Verzehr nach vernünftigem Ermessen zu erwarten sei. Solche Produkte müssen daher eine vollständige Kennzeichnung gemäß der LMIV sowie den weiteren einschlägigen lebensmittelrechtlichen Vorschriften aufweisen. Eine Bezeichnung für ein solches Produkt könnte z. B. „Essbarer Trinkhalm aus Hartweizengrieß“ lauten.

Kennzeichnung von HPP-behandelten Fruchtsäften, Fruchtnektaren und sonstigen Getränken

Der ALS hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Anwendung des High Pressure Processing-Verfahrens (HPP-Verfahren) bei der Herstellung der vorgenannten Produkte ein kennzeichnungspflichtiges Behandlungsverfahren gem. Anhang VI Teil A Nr. 1 LMIV darstellt, und bejaht dies im Ergebnis.

Zur Begründung verweist er darauf, dass das Behandlungsverfahren der Erhaltung des Frischeeindrucks der Getränke bei gleichzeitig verlängerter Haltbarkeit diene. Da durch das Verfahren jedoch keine vollständige Keimabtötung erfolge, müssten die entsprechenden Produkte ebenfalls gekühlt gelagert werden. Die gleichen Lager- bzw. Angebotsbedingungen sollen gegenüber dem Verbraucher den Eindruck erwecken, dass es sich hierbei um frische Erzeugnisse, d. h. solche ohne Anwendung eines HPP-Verfahrens, handele, sodass im Ergebnis von einer Kennzeichnungspflicht auszugehen sei.

Angaben wie „kaltgepresst“ seien nicht geeignet, diese besondere Behandlung zu beschreiben und somit nach Auffassung des ALS zur Irreführung geeignet. In Anlehnung an die Entscheidungen zur Genehmigung des Inverkehrbringens von hochdruckpasteurisierten Fruchtzubereitungen (Entscheidung 2011/424/EG) empfiehlt der ALS hingegen, Angaben wie „hochdruckpasteurisiert“ oder „haltbar gemacht durch Hochdruck“ zu verwenden.

Die Stellungnahmen des ALS sind Sachverständigenäußerungen, die keinen formellen Gesetzescharakter besitzen und daher auch keine Rechtsverbindlichkeit für sich beanspruchen können. Sie stellen jedoch neben anderen Quellen praktisch besonders relevante und wichtige Auslegungshilfen dar.

 

Redaktion: Dr. Clemens Comans