Auf der Homepage des BVL sind die Beschlüsse der 89. ALTS-Arbeitstagung veröffentlicht worden. Die Beschlüsse können hier abgerufen werden.

Die Beschlüsse betreffen mit der Beurteilung von Fruchtabbildungen bei Milcherzeugnissen, den Anforderungen an „Hähnchenkochschinken“ und den Temperaturanforderungen an Sushi auf der Ebene des Einzelhandels mehrere Themen, die zuvor vom ALTS noch nicht bearbeitet wurden. Darüber hinaus setzt der ALTS seine Überarbeitung bestehender ALTS-Beschlüsse fort und veröffentlicht Leitfäden bzw. Empfehlungen gegenüber den amtlichen Laboren bezüglich der Verifizierung mikrobiologischer Methoden, der Sicherstellung der Einhaltung der Bebrütungszeiten in der Mikrobiologie und der experimentellen Abschätzung der Messunsicherheit bei quantitativen mikrobiologischen Untersuchungsverfahren für Lebensmittel.

Der Beschluss 2022/89/08 betrifft die prominente Abbildung von Früchten in Verbindung mit deren Benennung im Hauptsichtfeld eines Milcherzeugnisses, das nur einen geringen Anteil an Fruchtsaft enthält und im Übrigen den charakteristischen Fruchtgeschmack durch Aromen erhält. Hier vertritt der ALTS die Auffassung, dass die Verwendung blickfangartiger naturalistischer Abbildungen von Früchten zur Irreführung geeignet ist, eine solche Irreführung jedoch durch einen ähnlich prominent dargestellten Hinweis im selben Sichtfeld vermieden werden kann, durch den deutlich wird, dass es sich lediglich um ein Erzeugnis mit dem entsprechenden Fruchtgeschmack handelt.

Der Beschluss 2022/89/14 betrifft die Kennzeichnung von Kochpökelerzeugnissen vom Hähnchen. Ein „Hähnchen(koch)schinken“ soll danach aus Hähnchenbrust hergestellt werden, während die Herstellung aus der Keule nicht üblich sei. Darüber hinaus wird auf die Stückgrößenvorgaben und die Beschränkungen zum Abrieb in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse verwiesen.

Mit den Temperaturanforderungen an Sushi mit rohem Fisch, Krebs- und Weichtieren und/oder Teilen davon sowie Sashimi auf der Ebene des Einzelhandels setzt sich der ALTS unter dem Beschluss Nr. 2022/89/19 auseinander und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass bei Herstellung entsprechender Produkte aus rohen, aufgetauten Fischereierzeugnissen zwar nicht die Temperaturvorgaben der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 gelten, die für die Verwendung von frischen Fischereierzeugnissen geregelt sind. Der ALTS sieht jedoch unter fachlichen Gesichtspunkten ein identisches Hygiene- und Gesundheitsrisiko und verlangt daher auch bei der Verwendung von aufgetauten rohen Fischereierzeugnissen, dass das damit hergestellte Sashimi bzw. Sushi auf der Stufe des Einzelhandels bis zur Abgabe an den Endverbraucher bei Temperaturen von schmelzendem Eis aufbewahrt werden muss.

Mit dem Beschluss 2022/89/26 wird der bisherige Beschluss aus dem Jahr 2006 bestätigt, dass bei Nennung einer Zutatenklasse in der Bezeichnung wie beispielsweise Wild oder Geflügel auch die zusammengefasste Mengenangabe für die jeweilige Zutatenklasse den rechtlichen Anforderungen zur QUID-Angabe genügt.

Der Beschluss 2022/89/27 bestätigt den bisher aus 2011 stammenden Beschluss zur maschinellen Restfleischgewinnung von Kehlkopf und Trachea. Diese Produktionsmethode ist aufgrund des Auftretens von Knorpelanteilen nach den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 unzulässig. Darüber hinaus werde derart gewonnenes Fleisch auch wegen der enthaltenen Schleimhaut üblicherweise nicht zu Fleischerzeugnissen verarbeitet.

Der Beschluss 2022/89/28 betrifft den Auftauhinweis bei Rohschinkenwürfeln, die aus tiefgefroren gelagertem Rohschinken-Ausgangsmaterial hergestellt werden. Wie schon im Jahr 2011 kommt der ALTS auch in diesem Jahr zu dem Ergebnis, dass in einem solchen Fall der Hinweis „aufgetaut“ erforderlich ist und verweist insoweit auf Anhang VI Teil A Nr. 2 LMIV.

Unter dem Beschluss 2022/89/29 greift der ALTS das Thema der Abgrenzung von Mett zu frischer Mettwurst/Zwiebelmettwurst nochmals auf, das zuletzt 2016 durch den ALTS bearbeitet wurde. Ebenso wie damals kommt der ALTS erneut zu dem Ergebnis, dass die gleichzeitige Verwendung der Bezeichnungen „…mett“ und „…mettwurst“ widersprüchlich und die Bezeichnung „Mett“ für ein gepökeltes Erzeugnis keine verkehrsübliche Bezeichnung sei. Unter Ziffer 3 dieses Beschlusses werden die bereits in der 49. Arbeitstagung des ALTS beschlossenen Kriterien für eine leitsatzkonforme kurz gereifte Rohwurst wiederholt (Geruch und Geschmack rohwurstartig, stabile Umrötung, Säuerung: pH-Wert ≤ 5,6 und D(-)Milchsäure ≥ 0,2 g/100 g sowie eine dominierende Fermentationsflora (> 1,0 x 10E6 KbE/g) bei niedrigen Keimzahlen an Grammnegativen (< 1,0 x 10E4 KbE/g)). Schließlich verweist der ALTS darauf, dass der Zusatz von Nitrit zu einem gewürzten Schweinehackfleisch dann zulässig ist, wenn es sich um ein nicht wärmebehandeltes Fleischerzeugnis im Sinne der Kategorie 08.3.1 der Verordnung (EU) Nr. 1333/2008 handelt. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn die zuvor dargestellten Kriterien eingehalten sind. Anders als im Beschluss von 2016 lässt die nunmehr gewählte Formulierung allerdings eine Deutung zu, nach der eine Einordnung als nicht wärmebehandeltes Fleischerzeugnis und damit die Verwendung von Nitrit auch für Produkte zulässig sein könnte, die diese Kriterien nicht erfüllen.

Die weiteren Beschlüsse 2022/89/16, 2022/89/17 und 2022/89/18 nehmen inhaltlich zwar den Großteil der aktuellen Veröffentlichung ein, sind jedoch für die Lebensmittelunternehmer eher von untergeordneter Bedeutung, da sie Leitfäden bzw. Empfehlungen des ALTS gegenüber amtlichen Laboren betreffen.

Da die zuletzt dargestellten ALTS-Beschlüsse überwiegend die bisherige Auffassung des ALTS bestätigen, dürfte sich hieraus kein wesentlicher Handlungsbedarf für die Lebensmittelunternehmer ergeben. Anders ist dies möglicherweise bezüglich der drei zuerst dargestellten Beschlüsse. Hier werden die Lebensmittelunternehmer prüfen müssen, ob sich ggf. ein Handlungsbedarf ergibt. Dabei dürfte sich gerade im Hinblick auf den Beschluss 2022/89/19 zu den Temperaturanforderungen für Sushi und Sashimi auf der Ebene des Einzelhandels die Frage ergeben, ob die dortigen Ausführungen zwingend sind oder eine andere Praxis zumindest im Fall des Nachweises entsprechender Haltbarkeitstests zulässig ist.

 

Redaktion: Christian Weigel