Beschlüsse der 93. Arbeitstagung des ALTS veröffentlicht
Der Arbeitskreis der auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und der Lebensmittel tierischer Herkunft tätigen Sachverständigen (ALTS) hatte im Juni 2024 seine 93. Arbeitstagung. Die zugehörigen Beschlüsse können inzwischen auf der Homepage des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hier abgerufen werden.
Die Beschlüsse des ALTS sind rechtlich nicht bindend, haben jedoch eine besondere praktische Bedeutung, da sich die Vertreter aller amtlichen Untersuchungseinrichtungen der Bundesländer im Rahmen des ALTS auf eine möglichst einheitliche Auslegung bestimmter lebensmittelrechtlicher Fragen verständigen.
Der erste Beschluss aus der 93. Arbeitstagung betrifft eine neue technologische Anwendung, bei der flüssige Trennmittel anstatt Trennfolien aus Kunststoff oder Papier zwischen Aufschnittscheiben aufgesprüht werden, um so deren Zusammenkleben bei der Entnahme aus der Packung zu verhindern. Der ALTS hat hier beschlossen, dass diese Trennmittel vom Verbraucher zusammen mit dem Lebensmittel verzehrt werden und daher mehr als „unbeabsichtigte, technisch unvermeidbare Rückstände“ darstellen. Es handelt sich also nicht um Verarbeitungshilfsstoffe. Daher sei im Einzelfall zu prüfen, ob die Verwendung zulässig sei und wie die Kennzeichnung zu erfolgen habe.
Mit dem Beschluss 2024/93/20 hat der ALTS erneut seine Beurteilungswerte für Allergene angepasst. Hintergrund war die Festlegung sogenannter „Consensus reference doses“ durch FAO und WHO Ende 2023.
Ebenfalls aktualisiert wurde der Leitfaden „Wasserzusatz in unverarbeiteten Fischereierzeugnissen – Nachweis und Möglichkeiten der Beurteilung“. Dieser ist nun in der Version 2 auf der BVL Homepage verfügbar.
Ein weiteres Thema des ALTS war die Beurteilung des Zusatzes von Brennnesseln zu Käse bzw. Käseerzeugnissen und die Frage, ob es sich dabei um Kräuter oder beigegebene Lebensmittel handelt. Die Einordnung als Kräuter führt dazu, dass weiterhin ein Käse vorliegt, während bei einer Beurteilung als beigegebene Lebensmittel durch den Zusatz eine Käsezubereitung vorliegen würde. Der ALTS ist der Auffassung, dass der Zusatz von Brennnesseln als Zusatz von Kräutern einzuordnen ist und somit ein Käse und keine Käsezubereitung vorliegt.
Mit dem folgenden Beschluss vertritt der ALTS die Auffassung, dass Schmelzkäserohware, die aufgrund sensorischer Abweichungen entsprechend Art. 14 Abs. 2 Buchst. b) der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 nicht zum Verzehr geeignet ist, nicht mehr zur Herstellung eines anderen Lebensmittels verwendet werden darf. Daraus hergestellte Lebensmittel seien ebenfalls als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. b) der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zu beurteilen.
In einem weiteren Beschluss befasst sich der ALTS mit der analytischen Unterscheidung von ökologisch und konventionell erzeugten Milchprodukten. Der ALTS weist darauf hin, dass ein Hinweis mit der Empfehlung der Überprüfung der Gewinnung und Verarbeitung des Milchproduktes ausgesprochen werden soll, wenn ein Milchprodukt laut Deklaration aus ökologisch erzeugter Milch hergestellt worden ist, der α-Linolensäure-Gehalt und/oder Stabilisotopen-Befund jedoch für ein Produkt aus konventionell erzeugter Milch sprechen. Außerdem verweist der ALTS auf die besonderen Zuständigkeiten für Bio-Produkte.
Schließlich hat sich der ALTS noch mit der präparativ-gravimetrischen Untersuchung von Heringssalat befasst und festgestellt, dass ein Ergebnis einer solchen Untersuchung lediglich den Verdacht auf einen zu geringen Fischanteil auslösen kann. Da sich Leitsatznummer 1.1.5 der Leitsätze für Feinkostsalate auf die Masse zum Zeitpunkt des Zusammenfügens der Zutaten bezieht, kann die Feststellung des Fischanteils nur im Herstellungsbetrieb erfolgen.
Wie immer gilt, dass die Beschlüsse des ALTS rechtlich nicht bindend sind und von den Gerichten voll überprüft werden können bzw. nicht angewendet werden müssen. Sie dienen den amtlichen Untersuchungseinrichtungen und den Lebensmittelüberwachungsbehörden aber regelmäßig als Orientierung bei der Beurteilung der behandelten Fragen. Demzufolge haben die Beschlüsse trotzdem Bedeutung für die Praxis und dienen häufig nicht nur den amtlichen Sachverständigen als Grundlage für ihre Bewertung, sondern werden regelmäßig auch von den privaten Sachverständigenlaboren bei der Beurteilung von Proben berücksichtigt.
Redaktion: Christian Weigel