Am 25.10.2018 hat der EuGH in der Rechtssache C-462/17 ein Grundsatzurteil zu Eierlikör gefällt (Urteil hier abrufbar). Vor dem Landgericht in Hamburg stritten sich zwei Hersteller von Eierlikören um deren Zusammensetzung. Insbesondere ging es um die Frage, ob Eierlikör Milch enthalten darf, die ein Unternehmen zur Herstellung des Eierlikörs einsetzte und darauf auch im Rahmen der Kennzeichnung hinwies.

Streitentscheidend waren insoweit die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15.01.2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen. Deren Art. 9 verweist für die Spezifikation bestimmter Spirituosen in den Anhang II der Verordnung. Darin werden in den Ziffern. 1 – 46 die unterschiedlichsten Spirituosen beschrieben.

Der streitgegenständliche Eierlikör ist in Ziff. 41 beschrieben. Darin heißt es, dass Eierlikör eine Spirituose ist, aromatisiert oder nicht, die aus Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs, einem Destillat und/oder Brand gewonnen wird und als Bestandteil hochwertiges Eigelb und Eiweiß sowie Zucker oder Honig enthält. Der Mindestgehalt an Zucker oder Honig, ausgedrückt als Invertzucker, beträgt 150 g je Liter. Der Mindestgehalt an reinem Eigelb beträgt 140 g je Liter des Fertigerzeugnisses. Darüber hinaus darf der Mindestalkoholgehalt von Eierlikör 14 Vol.-% betragen und ausschließlich Aromastoffe und Aromaextrakte zur Herstellung von Eierlikör verwendet werden.

 Bei Durchsicht der vorgenannten Bedingungen fällt auf, dass Milch als mögliche Ausgangszutat nicht genannt ist. Der Wortlaut spricht jedoch nur davon, dass die im Gesetz genannten Zutaten „enthalten“ sind. Die Beteiligten stritten darum, ob es sich bei den im Gesetz genannten Zutaten um Mindestanforderungen handelt, die die Verwendung weitergehender Zutaten erlauben, oder ob die Aufzählung abschließend ist mit der Folge, dass ein unter Verwendung von Milch hergestelltes Erzeugnis nicht als Eierlikör bezeichnet werden kann.

 Das Landgericht Hamburg hat das Verfahren ausgesetzt und diese Frage dem EuGH vorgelegt. Der EuGH ist letztgenannter Auffassung gefolgt und hat klargestellt, dass die im Anhang II aufgeführten Begriffsbestimmungen abschließend sind. Sie stellten das Herzstück der mit der Verordnung geschaffenen Regelung dar und sollen mit ihrer Genauigkeit dem Ziel dienen, einem Missbrauch des Namens von Spirituosen entgegenzuwirken. Deshalb seien die Vorschriften des Anhangs eng auszulegen, da anderenfalls die Regelung untergraben würde.

Ein weiteres Argument sah der EuGH in der ausdrücklichen Zulassung von Aromastoffen oder Aromaextrakten. Die ausdrückliche Nennung dieser möglichen Zutaten als eng umgrenzte Ausnahme macht nämlich nur dann Sinn, wenn nicht jede beliebige Zutat einer Spirituose zugefügt werden darf und dabei die Bezeichnung „Eierlikör“ beibehalten wird.

Mit der vorgenannten Entscheidung klärt der EuGH also die aufgeworfene Rechtsfrage eindeutig. Die Beschreibung der für die Herstellung einzelner Spirituosen verwendeten Zutaten ist eng auszulegen. Anderenfalls darf eine im Anhang II der Verordnung geregelte Bezeichnung nicht verwendet werden.

Die vorstehende Entscheidung hält damit den in der Rechtsprechung bereits mehrfach behandelten Bezeichnungsschutz hoch. Zu verweisen ist insoweit auf die Entscheidung des EuGH zu den Bezeichnungen „Käse“, „Milch“, „Rahm“, „Butter“ oder „Joghurt“. Diese dürfen nach dem Urteil des EuGH vom 14.06.2017 (Az.: C-422/16) nicht unter den vorgenannten Bezeichnungen in den Verkehr gebracht werden, wenn sie aus rein pflanzlichen Produkten bestehen. Darin wurde ein Widerspruch zur Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation (EU) Nr. 1308/2013 erblickt.

Redaktion: Sascha Schigulski