Mit Urteil vom 22.02.2024 hat der EuGH entschieden, dass der Begriff der „Lagerung“ die Unterbrechung eines Transportvorganges für einen Zeitraum von einigen wenigen bis zu acht Stunden erfasst, währenddessen mit tierischen Nebenprodukten der Kategorie 3 gefüllte Transportbehälter von einem Transportfahrzeug in ein anderes umgeladen werden, ohne dass die tierischen Nebenprodukte während dieser Unterbrechung behandelt oder in andere Transportbehälter umgefüllt werden. Die Entscheidung ist hier abrufbar.

Sachverhalt

Ein Transportunternehmen für tierische Nebenprodukte der Kategorie 3 wurde im Jahr 2016 durch die zuständigen Behörden kontrolliert. Dabei wurde festgestellt, dass sich in der von dem Transportunternehmen genutzten Halle Transportbehälter mit Schlachtkörperabfällen und Tierfleischresten der Kategorie 3 in einem mit einer Kühleinrichtung versehenen Lkw-Auflieger befanden. Weiterhin wurden folgende Abläufe vor Ort festgestellt:

Zunächst wurden die Behälter bei den Erzeugern eingesammelt und mit fünf Fahrzeugen zu der Halle verbracht. In dieser Halle wurden die Behälter sodann, ohne dass ihr Inhalt behandelt wurde, unmittelbar in den Kühlauflieger umgeladen. Die Behälter blieben somit in der Regel für zwei Stunden im Lkw-Auflieger, wobei dieser Zeitraum jedoch in Einzelfällen bis zu acht Stunden betragen konnte. Nach Einsammlung aller Transportbehälter wurden diese von einem Lkw mit einem Kühlauflieger zu der vorgesehenen Verarbeitungsanlage für tierische Nebenprodukte befördert.

Die zuständige Kontrollbehörde war der Auffassung, dass es sich bei der in der Halle ausgeübten Tätigkeit um eine Lagerung handele, die gem. Art. 24 Abs. 1 Buchstabe i) der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 zulassungspflichtig sei.

Entscheidung

Diese Auslegung hat der EuGH nunmehr bestätigt und in der geschilderten Konstellation ebenfalls eine Lagerung im Rechtssinne angenommen, für die eine Zulassung erforderlich ist.

Zunächst stellte der EuGH fest, dass der Begriff der Lagerung im Recht der tierischen Nebenprodukte nicht definiert sei. Art. 21 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 verlange, dass die Unternehmer tierische Nebenprodukte „unverzüglich“ unter Bedingungen transportieren, die Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier verhindern. Obwohl die Verordnung die Möglichkeit einer Unterbrechung des Transports nicht grundsätzlich ausschließe, verbiete sie jedoch übermäßige Verzögerungen beim Transport. Unter weitergehender Bezugnahme auf Art. 4 sowie die Erwägungsgründe 2, 5, 6 und 11 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 stellt der EuGH sodann fest, dass die in Rede stehenden Handlungen während der Unterbrechung eines Transportvorgangs stattfinden und diese nicht Teil des Transports seien, der auf der Straße in oder auf einem mobilen Fahrzeug erfolge. Darüber hinaus befinde sich Material der Kategorie 3 regelmäßig in organisierter und planmäßiger Weise in den Räumlichkeiten des Unternehmens, und zwar aufgrund dessen bewusster Entscheidung und nicht wegen einer unvorhergesehenen Unterbrechung des Transportvorgangs oder einer Unterbrechung zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeit des Fahrers. Schließlich würden die im Vorlagebeschluss beschriebenen Umstände darauf hindeuten, dass nicht nur das Abstellen in der Halle häufig vorkomme, sondern dass das Unternehmen auch keine Verfahren eingeführt habe, um Kontaminationen zu verhindern und eine regelmäßige Reinigung der Örtlichkeiten zu gewährleisten, was zu einer Gefahr für die Sicherheit der Lebensmittel- und Futtermittelkette führen könne.

Anmerkung

Die Begründung des EuGH darf als dürftig bezeichnet werden.

Der EuGH versäumt in seiner Entscheidung zu definieren, was er konkret unter einer Lagerung von tierischen Nebenprodukten versteht. Weiterhin berücksichtigt der EuGH die umfassenden Erwägungen des OVG Bautzen zur Auslegung des Begriffes der Lagerung nicht einmal ansatzweise.

Grundsätzlich ist unter dem Begriff der Lagerung eine „Überbrückung von Zeit“ zu verstehen, innerhalb derer Güter längerfristig abgelegt bzw. bevorratet werden, um diese später einer vorgesehenen Verwendung oder Beseitigung zuzuführen.

Nach hiesiger Auffassung ist der Begriff der Lagerung von kurzfristigen unselbstständigen Unterbrechungen abzugrenzen, die im Zusammenhang mit dem Transportvorgang erfolgen und diesem zeitlich und räumlich zuzuordnen sind, z. B. wenn Güter umgeschlagen werden oder aufgrund vorgeschriebener Lenk- und Ruhezeiten eine Unterbrechung des Bewegungsprozesses erfolgt.

Unter dem Begriff des Transportes ist hingegen jede Bewegung des zu transportierenden Gutes von dem einen zum anderen Ort sowie alle damit zusammenhängenden Vorgänge, inklusive des Verladens, Entladens und Umladens zu verstehen. Ein Umladen, häufig auch als „Umschlagen“ bezeichnet, ist dann gegeben, wenn die Unterbrechung des Transportes und das kurzzeitige Verweilen des zu transportierenden Gutes dazu dient, das Transportmittel zu wechseln, z. B. wenn das für die Einsammlung der Waren oder Stoffe eingesetzte Fahrzeug in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht ungeeignet für den Transport der Waren ist. Werden die entsprechenden Stoffe in der Umschlaganlage entweder aus dem Fahrzeug aus- und in andere Behältnisse umgeladen oder verbleiben sie in dem Sammelbehälter, wird dieser kurzzeitig abgestellt und sodann zeitnah von einem anderen Transportfahrzeug aufgenommen, das z. B. über ein größeres Fassungsvermögen verfügt, liegt ebenfalls ein Umschlagen vor.

Ein dem Transportvorgang zuzuordnendes Umschlagen mit einer kurzzeitigen Verweilung der Stoffe oder Waren, die keine Lagerung darstellt, ist daher stets dann anzunehmen, wenn das Verweilen des transportierten Gutes von vorneherein auf eine kurze Zeit beschränkt ist und der Optimierung des Transportvorganges dient, damit das zu transportierende Gut im Anschluss zum vorgesehenen Zielort verbracht werden kann. In zeitlicher Hinsicht ist von einer kurzfristigen Unterbrechung und dem Fehlen einer Lagerung auszugehen, wenn das Abstellen/Verweilen i. d. R. weniger als 24 Stunden beträgt.

Im Einzelfall ist jedoch stets die Verkehrsanschauung entscheidend. Von einer Lagerung ist erst dann auszugehen, wenn nach der Verkehrsanschauung der Transport tatsächlich eine Zäsur erfahren hat, d. h. der Schwerpunkt mehr auf dem „Aufbewahren“ als auf dem „Fortbewegen“ liegt.

Ob dies vorliegend der Fall war, hätte eine vertiefte Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Gegebenheiten sowie den rechtlichen Erwägungen des OVG Bautzen zeigen können. Diese Chance hat der EuGH jedoch ungenutzt verstreichen lassen und im Ergebnis eine wenig nachvollziehbare Begründung gegeben, warum es sich bei den Abläufen in der Halle um eine Lagerung und nicht um einen Transport handeln soll.

 

Redaktion: Prof. Dr. Clemens Comans