EuGH-Entscheidung zum Schutzumfang geschützter Ursprungsbezeichnungen – „Queso Manchego“
Der EuGH hat mit Urteil vom 02.05.2019 (Rs.: C 614/17) entschieden, dass auch Bildzeichen, die auf ein geografisches Gebiet hindeuten, das mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.) verbunden ist, eine rechtswidrige Anspielung auf die g.U. darstellen können.
Ein spanischer Käsehersteller vermarktet einen Teil seiner Käsesorten mit Etiketten, die Bilder eines Reiters, der den gewöhnlichen Darstellungen von Don Quijote de la Mancha ähnelt, eines abgemagerten Pferdes sowie von Landschaften mit Windmühlen und Schafen enthält. Zusätzlich erfolgte die Angabe „Quesos Rocinante“. Die Bilder und Angaben beziehen sich auf den Roman „Don Quijote de la Mancha“ von Miguel de Cervantes. Die betroffenen Käsesorten werden nicht durch die g.U. „Queso Manchego“ erfasst, die in der Mancha (Spanien) mit Schafmilch unter Beachtung der europäischen Produktspezifikation hergestellt werden. Die für den Schutz der g.U. zuständige Stiftung verklagte den Hersteller auf Feststellung, dass die Etiketten der betroffenen Käsesorten einen Verstoß gegen die in Rede stehende g.U. darstellen, weil die Etiketten eine rechtswidrige Anspielung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel darstelle.
Nach Auffassung des EuGH sieht die Verordnung einen umfassenden Schutz eingetragener Bezeichnungen vor „jeder Anspielung“ vor, wobei das Wort „jede“ den Willen widerspiegele, auch in Betracht zu ziehen, dass eine Anspielung durch einen Wort- oder Bildbestandteil erfolgen kann. Das entscheidende Kriterium für die Feststellung, ob ein Kennzeichnungselement auf eine eingetragene Bezeichnung anspiele, bestehe darin, ob dieses Element dazu geeignet sei, dem Verbraucher bei dessen Wahrnehmung das geschützte Erzeugnis gedanklich unmittelbar in Erinnerung zu rufen. Zudem werde das Ziel der Verordnung (zu gewährleisten, dass der Verbraucher über klare, knappe und glaubhafte Auskünfte über die Herkunft des Erzeugnisses verfüge) umso besser sichergestellt, wenn auf die eingetragene Bezeichnung nicht mittels Bildzeichen angespielt werden dürfe. Weiterhin sei es Sache des nationalen Gerichts, im Einzelfall zu beurteilen, ob die fraglichen Bildzeichen geeignet sind, dem Verbraucher die geschützten Erzeugnisse gedanklich unmittelbar in Erinnerung zu rufen.
Der EuGH stellt sodann fest, dass die Verwendung von Bildzeichen, die auf das geografische Gebiet anspielen, das mit einer Ursprungsbezeichnung verbunden ist, auch dann eine Anspielung auf die geschützte Bezeichnung darstellen könne, wenn die Bildzeichen von einem in diesem geografischen Gebiet ansässigen Erzeuger verwendet werden, dessen Erzeugnisse den von der geschützten Bezeichnung umfassten Produkten ähneln, jedoch nicht der europäischen Spezifikation genügen. Die Verordnung sehe nämlich keinen Ausschluss zugunsten eines Erzeugers vor, der in einem der g.U. entsprechenden geografischen Gebiet ansässig sei und dessen Erzeugnisse, ohne von dieser g.U. umfasst zu sein, den durch die g.U. geschützten Produkten ähnlich oder vergleichbar seien. Es sei Sache des nationalen Gerichtes zu prüfen, ob es eine hinreichend unmittelbare und eindeutige begriffliche Nähe zwischen den verwendeten Bildzeichen und der g.U. „Queso Manchego“ gebe, die auf das geografische Gebiet verweise, mit dem sie verbunden sei (die Mancha). Dabei seien die beanstandeten Kennzeichnungselemente sowohl einzeln als auch in ihrer Gesamtaufmachung zu beurteilen, um allen Gesichtspunkten, die ein Anspielpotenzial haben, Rechnung zu tragen.
Weiterhin stellt der EuGH klar, dass der Begriff des „normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers“, auf dessen Wahrnehmung es bei der Beurteilung ankommt, ob eine „Anspielung“ im Sinne der Verordnung vorliege, so auszulegen sei, dass ein effektiver und einheitlicher Schutz der eingetragenen Bezeichnungen vor jeder Anspielung im gesamten Unionsgebiet sichergestellt werde. Der EuGH ist daher der Auffassung, dass dieser Begriff dahingehend aufzufassen ist, dass er auf die europäischen Verbraucher insgesamt, einschließlich der Verbraucher des Mitgliedstaats Bezug nehme, in dem das Erzeugnis hergestellt werde, das zu der Anspielung auf die geschützte Bezeichnung Anlass gebe oder mit dem diese Bezeichnung geografisch verbunden sei, und in dem das Erzeugnis überwiegend konsumiert werde. Mithin habe das nationale Gericht zu beurteilen, ob die Bild- und Wortzeichen, die sich auf das in Spanien hergestellte und überwiegend dort konsumierte Erzeugnis beziehen, bei den Verbrauchern dieses Mitgliedstaats gedanklich das Bild einer eingetragenen Bezeichnung hervorrufen, die, sollte dies der Fall sein, gegen eine Anspielung in einem beliebigen Teil des Unionsgebiets zu schützen sei.
Die vorliegende Entscheidung zeigt einmal mehr, dass der Schutz geografisch geschützter Angaben sehr weitreichend ist. Lebensmittelunternehmer sollten daher bei der Gestaltung ihrer Produktetiketten besonders aufmerksam und vorsichtig sein, sofern sie Produkte vertreiben, die besonders geschützten Produkten ähneln oder deren Aufmachung Elemente enthält, die mittelbar oder unmittelbar einen Bezug zu dem geografischen Gebiet herstellen können, das mit der geschützten Bezeichnung verbunden ist.
Redaktion: Dr. Clemens Comans