Art. 26 Abs. 3 LMIV sieht vor, dass bei einem Lebensmittel, bei dem das Ursprungsland oder der Herkunftsort angegeben ist, die gleiche Angabe auch für die primäre Zutat erfolgen muss, wenn diese nicht aus dem Ursprungsland oder Herkunftsort stammt, unter dem das Lebensmittel in den Verkehr gebracht wird. Für die Anwendung dieser Vorschrift musste eine Durchführungsverordnung geschaffen werden, die nunmehr vorliegt. Die Verordnung (EU) 2018/775 der Kommission „mit den Einzelheiten zur Anwendung von Artikel 26 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel hinsichtlich der Vorschriften für die Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts der primären Zutat eines Lebensmittels“ ist am 29.05.2018 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden.

Zunächst bestimmt die Verordnung in Art. 1, dass geschützte geografische Angaben keine Herkunftskennzeichnung für die primäre Zutat erforderlich machen. Dies gilt vorbehaltlich einer eventuell künftigen anderen Regelung. Klargestellt wird darüber hinaus, dass geografische Begriffe, die in einer üblichen Bezeichnung enthalten sind, eine Herkunftskennzeichnung für die primären Zutaten ebenfalls nicht auslösen. Beispiele sind die Bezeichnungen „Kasseler“, „Wiener Würstchen“ oder „Bayerischer Leberkäse“. Bei allen vorgenannten Bezeichnungen handelt es sich um bestimmte Rezepturen, die beispielsweise in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse beschrieben sind. Konsequenz ist, dass die Produkte unter der genannten Bezeichnung auch außerhalb des geografischen Gebiets hergestellt und vertrieben werden dürfen. Eine Herkunftsangabe der primären Zutat ist nicht erforderlich.

Lediglich dann, wenn ein Lebensmittel mit einer echten Herkunftsangabe beworben wird und die primäre Zutat nicht auch aus diesem Ursprungsland oder Herkunftsort stammt, ist auch deren tatsächliche Herkunft anzugeben.

Hierfür sieht Art. 2 der Durchführungsverordnung verschiedene Möglichkeiten vor. Das geografische Herkunftsgebiet der Primärzutat kann entweder mit den Angaben „EU“, „Nicht-EU“ oder „EU und Nicht-EU“ angegeben werden. Alternativ kann eine Region oder ein geografisches Gebiet in mehreren Mitgliedsstaaten oder Drittländern angegeben werden, wenn das Gebiet für einen Durchschnittsverbraucher verständlich ist. Beispiel für ein Gebiet, das sich über mehrere Länder erstreckt, wäre die Angabe „Skandinavien“. Auch die Bezugnahme auf ein „FAO-Fischereigebiet“ oder ein bestimmtes Meeres- oder Süßwassergebiet ist zulässig. Alternativ kann auch der Mitgliedsstaat oder das Drittland angegeben werden, aus dem die primäre Zutat kommt. Auch die Angabe einer Region innerhalb eines Mitgliedsstaates oder eines Drittlandes ist möglich, sofern sie für den Durchschnittsverbraucher verständlich ist. Hierbei ist an die Angabe von Bundesländern zu denken.

Alternativ zu der konkreten Angabe, woher die primäre Zutat stammt, ist auch eine Negativerklärung möglich. Die Angabe, dass das Mehl eines als „Französisches Croissant“ beworbenen Lebensmittels nicht aus Frankreich kommt, würde den Anforderungen der Verordnung ebenfalls genügen. Ob diese Form der Kennzeichnung große praktische Bedeutung erfahren wird, ist zweifelhaft.

In Bezug auf die Darstellungsform enthält Art. 3 der Verordnung genaue Vorgaben. Die Herkunftsangabe der primären Zutat muss im selben Sichtfeld erscheinen, wie die Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts. Auch die Schriftgröße ist geregelt. Wird die Herkunft des Enderzeugnisses schriftlich angegeben, muss die Herkunftsangabe der primären Zutat mindestens in 75 %-iger Schriftgröße erfolgen. Bei einer anderen geografischen Angabe als durch Worte, beispielsweise durch den Aufdruck einer Fahne, muss die Angabe demgegenüber lediglich in der Mindestschriftgröße nach Art. 13 Abs. 2 LMIV erfolgen. Das Sichtfelderfordernis gilt hierbei jedoch in gleicher Weise.

Wie jede Durchführungsverordnung zur LMIV ist das Inkrafttreten auf den 1. April bestimmt. Damit sich die betroffene Wirtschaft auf die neue Regelung einstellen kann, tritt die Regelung zur Herkunftsangabe der Primärzutaten jedoch erst am 01.04.2020 in Kraft.

Den Verordnungstext können Sie hier einsehen.

 

Stand: 29.05.2018

 

Redaktion: Sascha Schigulski, Rechtsanwalt, Gummersbach, info@cibus-recht.de