Der EuGH musste sich mit der Frage beschäftigen, ob das Fleisch von rituell ohne vorherige Betäubung geschlachteten Tieren als Bio-Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden kann.

Hintergrund war ein Rechtsstreit in Frankreich. Der französische Verband OABA (Hilfswerk für Schlachttiere) beantragte beim französischen Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung, die Kennzeichnung „ökologischer/biologischer Landbau“ auf Rinderhacksteaks einer bestimmten Marke zu verbieten, die als Halal-zertifiziert und damit nach einer rituellen Schlachtung ohne vorherige Betäubung der Tiere gewonnen wurden. Nachdem der Verband vor den französischen Verwaltungsgerichten in I. Instanz ohne Erfolg blieb, setzte das Berufungsgericht das Verfahren aus und legte dem EuGH den Rechtsstreit zur Entscheidung vor.

Mit Urteil vom 26.02.2019 entschied der EuGH, dass Fleisch, das von Tieren stammt, die ohne vorherige Betäubung einer rituellen Schlachtung unterzogen wurden, nicht als Bio-Lebensmittel ausgelobt und in den Verkehr gebracht werden darf. Die Entscheidung kann hier abgerufen werden.

Der EuGH begründet seine Entscheidung damit, dass die EU-Öko-Vorschriften, insbesondere die Verordnungen (EG) Nr. 834/2007 und die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 889/2008 an verschiedenen Stellen auf hohe Tierschutzstandards abstellen und Bio-Lebensmittel nach Verfahren hergestellt werden, die dem Wohlbefinden der Tiere nicht abträglich sein dürfen. Zwar werde in keiner der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 oder (EG) Nr. 889/2008 ausdrücklich definiert, welche Arten der Schlachtung von Tieren geeignet sind, das Leiden der Tiere auf ein Minimum zu reduzieren und somit das Ziel, ein hohes Tierschutzniveau zu gewährleisten, konkretisiert.

Neben den Vorschriften der EU über den ökologischen Landbau müsse jedoch ebenfalls die Tierschutzschlachtverordnung (EG) Nr. 1099/2009 berücksichtigt werden. Auch die Tierschutzschlachtverordnung habe als Hauptziel den Tierschutz und die Verbesserung des Schutzes von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung zum Inhalt. Dies setze jedoch im Regelfall eine Betäubung der Tiere vor der Tötung voraus.

Ferner weist der EuGH darauf hin, dass die Tierschutzschlachtverordnung zwar in Art. 4 Abs. 4 die Praxis der rituellen Schlachtung zulasse, in deren Rahmen ein Tier ohne vorherige Betäubung getötet werden kann. Doch sei diese Form der Schlachtung, die in der Union ausnahmsweise erlaubt ist, um die Beachtung der Religionsfreiheit sicherzustellen, nicht geeignet, Schmerzen, Stress oder Leiden der Tiere genauso wirksam zu mildern wie eine Schlachtung, der eine Betäubung vorausgehe.

Deshalb sieht der EuGH die von religiösen Riten vorgeschriebenen speziellen Schlachtmethoden, die ohne vorherige Betäubung durchgeführt werden, nicht mit Schlachtmethoden unter vorheriger Betäubung als gleichwertig an, was die Sicherstellung eines hohen Tierschutzniveaus zum Zeitpunkt der Tötung der Tiere betrifft.

Abschließend weist der EuGH darauf hin, dass auch das Vertrauen der Verbraucher in Bio-Lebensmittel durch die entsprechenden Vorschriften gewahrt und gerechtfertigt werden müsse. Insoweit sei es wichtig darauf zu achten, dass die Verbraucher die Sicherheit haben, dass die Erzeugnisse, die das EU-Bio-Logo tragen, tatsächlich unter Beachtung der höchsten Normen, auch im Bereich des Tierschutzes, hergestellt wurden.

 

Redaktion: Sascha Schigulski