Mit unserem Newsletter Nr. 6/2020 haben wir über den aktualisierten Sachstandsbericht des Fachausschusses 1 der Lebensmittelbuch-Kommission zu den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse berichtet. Nunmehr informiert der Fachausschuss über seine konkreten Änderungsempfehlungen der Leitsätze. Diese können unter dem nachfolgenden Link abgerufen werden. Sie sind im Wesentlichen, jedenfalls in Verbindung mit den Erläuterungen des Fachausschusses, selbsterklärend. Auf einige Änderungsempfehlungen möchten wir jedoch besonders hinweisen.

 

In Leitsatzziffer 2.19 im allgemeinen Teil der Leitsätze soll, wie bereits berichtet, künftig der Begriff „Formfleisch“ nicht mehr vorgeschrieben sein. Damit soll eine Anpassung an die unmittelbar geltende Regelung aus Anhang VI Teil A Nr. 7 LMIV erfolgen. Die nunmehr vorgelegte Empfehlung zur Änderung des Wortlautes der Leitsätze enthält jedoch immer noch die Formvorschrift, dass unmittelbar in der Bezeichnung des Lebensmittels und in gleicher Schriftgröße darauf hingewiesen werden muss, dass Fleischstücke zusammengesetzt sind. Dass die Angabe in der Bezeichnung des Lebensmittels erfolgen muss, deckt sich insoweit mit der Regelung aus der LMIV. Die Forderung einer Angabe in gleicher Schriftgröße, findet demgegenüber in der LMIV keine Grundlage. Insoweit gehen die Leitsätze also über die Vorgaben der LMIV hinaus. Hinzu kommt, dass auch ein Wertungswiderspruch zur Kennzeichnung von sog. Austauschzutaten nach Anhang VI Teil A Nr. 4 LMIV besteht. Darin ist eine Mindestschriftgröße von 75 % im Vergleich zu dem Produktnamen vorgesehen. Die vorgenannte Regelung soll eine bessere Kennzeichnung von Lebensmittelimitaten bezwecken. Warum Formfleischerzeugnisse nunmehr im Hinblick auf das Schriftgrößenerfordernis noch strenger als Lebensmittelimitate gekennzeichnet werden sollen, erschließt sich nicht.

 

Auch bei den Kochstreichwürsten soll im Hinblick auf die Kennzeichnung der Tierarten eine Änderung erfolgen. In Leitsatzziffer 2.231 heißt es insoweit, wenn die Tierart, eine vergleichbare Angabe oder „Kalb-“ in der Bezeichnung des Lebensmittels in direkter Verbindung mit Leber genannt wird, dass der Leberanteil zu mehr als 50 % vom Kalb/Jungrind bzw. von den genannten Tierarten stammt Für Diskussionen sorgte die Frage, ob insoweit ein darüberhinausgehend verwendeter Leberanteil, bspw. vom Schwein, ebenfalls in der Bezeichnung des Lebensmittels angegeben werden muss. Die jetzt vorgesehene Änderung stellt klar, dass dies künftig nicht der Fall ist.

 

Weiter heißt es in Leitsatzziffer 2.231, dass, wenn sich die Tierartenkennzeichnung auf den Fleischanteil bezieht, dies in der Bezeichnung des Lebensmittels kenntlich gemacht wird (z. B. Kalbfleisch-Leberwurst). Die vorgesehene Klarstellung sieht vor, dass in diesem Zusammenhang künftig Leitsatzziffer 2.22.1 2. Absatz angewendet werden soll. Hierbei hat sich offensichtlich eine Ungenauigkeit in die Änderungsempfehlung eingeschlichen. Gemeint ist offensichtlich der 2. Absatz von Leitsatzziffer 2.11.1. Danach muss bei einem Hinweis auf Rind in der Bezeichnung des Lebensmittels zusätzlich ein Hinweis auf eingesetztes Schweinefleisch erfolgen, wobei der Rindfleischanteil überwiegen muss. Damit bleibt es also bspw. bei einer „Kalbfleisch-Leberwurst mit Schweinefleisch“. Auf mitverwendetes Schweinefleisch muss also hingewiesen werden, wenn die Tierart Rind in der Bezeichnung genannt ist. Ob das allerdings auch für andere Tierarten, bspw. Wild oder Geflügel, ebenfalls gelten soll, bleibt unklar. Dafür sprechen zwar die Leitsatzziffern 2.11.1 Abs. 4 für Fleisch anderer Tierarten als Rind und Schwein und 2.11.4 für Geflügel. Auf diese Leitsatzziffern wird in der vorgeschlagenen Änderung aber nicht verwiesen.

 

Ferner werden die angedachten Änderungen zum Kochschinken erläutert. Die mit Änderung vom 23.12.2015 vorgesehene Formulierung „aus Schinkenteilen zusammengefügt“ zur Kennzeichnung eines industriell hergestellten Kochschinkens (Slicerware) soll nicht beibehalten werden. Zwar bleibt es insoweit bei dem erforderlichen Mindestanteil von Fleischstücken mit einem Gewicht von größer als 250 g, die mindestens 80 % der gefüllten Fleischstange aufweisen müssen. Die Änderung sieht jedoch nicht mehr vor, dass ein so hergestellter Kochschinken eine besondere Bezeichnung tragen muss. Stattdessen können handgelegte Schinken einen entsprechenden Hinweis in der Bezeichnung tragen. Mit dieser angedachten Änderung würde also die derzeit in den Leitsätzen vorgesehene Diskriminierung von industriell hergestellten Kochschinken ihr Ende finden. Der vorgeschlagene Weg würde statt dessen die Möglichkeit schaffen, handwerklich hergestellte Produkte entsprechend positiv zu bewerben.

 

Schließlich enthält die neue Leitsatzziffer 2.370 Vorgaben für gegarte Pökelfleischerzeugnisse. Der Herstellungsprozess ist danach so zu gestalten, dass nach dem Füllen der gewichtsmäßige Anteil von Fleischstücken mit einem Gewicht von > 200 g bei Pute bzw. > 100 g bei Huhn mindestens 80 % beträgt. Dabei sollen die Stichproben 25 kg bei Pute und 15 kg bei Huhn betragen. Gleichzeitig soll geregelt werden, dass in der Bezeichnung auf das eingesetzte Teilstück hingewiesen wird. Lediglich für Puten- bzw. Truthahnschinken wird die bisherige Regelung beibehalten, dass dieser nur aus dem ganzen Brustfilet der Pute hergestellt wird.

 

Anmerkungen zu den vorgeschlagenen Änderungen können bis zum 06.04.2020 über die Verbände an den Fachausschuss herangetragen werden. Abzuwarten bleibt, welche Änderungen letztlich Eingang in die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse finden. Über die weitere Entwicklung halten wir Sie auf dem Laufenden.

 

Redaktion: Sascha Schigulski