Am 18.12.2019 wurde die Richtlinie (EU) 2019/2161 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Den Richtlinientext können Sie hier abrufen.

Mit der neuen Richtlinie erfolgen zahlreiche Änderungen an den bestehenden Richtlinien 93/13/EWG (über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen), 98/6/EG (über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse), 2005/29/EG (über unlautere Geschäftspraktiken) und 2011/83/EU (über die Rechte der Verbraucher). Zu den Neuerungen zählen unter anderem folgende Aspekte:

  • Aufnahme von exemplarischen und harmonisierten Bemessungskriterien für die Verhängung von Sanktionen bei Rechtsverstößen sowie Vorschlägen für die Verhängung von umsatzabhängigen Mindestgeldbußen.
  • Verbraucher, die durch unlautere Geschäftspraktiken geschädigt wurden, sollen Zugang zu angemessenen und wirksamen Rechtsbehelfen einschließlich der Möglichkeit der Einforderung von Schadenersatz sowie ggf. Preisminderung oder einer Beendigung des Vertrages erhalten.
  • Erhöhte Transparenz bei der Onlinewerbung und Preisbildung, z. B. verpflichtende Kenntlichmachung von bezahlten Rankingpositionen in Suchmaschinen, unabhängig davon, ob eine Bezahlung unmittelbar oder mittelbar, z. B. durch Provisionen erfolgt sowie Information darüber, ob und gegebenenfalls wie Preise personalisiert worden sind.
  • Neue Informationspflichten für Online-Marktplätze, z. B. dazu, ob der Vertrag mit einem Unternehmer oder einem Nichtunternehmer geschlossen wird und ob nur der Verkäufer und/oder Online-Marktplatz selbst das verantwortliche Unternehmen ist

Darüber hinaus sieht die Richtlinie (EU) 2019/2161 eine Ergänzung des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/EG um einen neuen Buchstaben c) vor, wonach eine Geschäftspraxis als irreführend gilt, wenn eine Ware in zwei Mitgliedstaaten unter identischer Aufmachung vertrieben wird, obgleich sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern die Unterschiede nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt sind.

Mit dieser Regelung soll die Vermarktung von Produkten unterschiedlicher Qualitäten, insbesondere von Lebensmitteln, geregelt werden. Anlass für diese Regelung waren diverse Diskussionen in den vergangenen Jahren, in denen immer wieder der Vorwurf erhoben wurde, dass Lebensmittel, die unter derselben Bezeichnung und Marke in mehreren Mitgliedstaaten vertrieben werden, insbesondere in den sog. Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn von minderer Qualität sein sollen, ohne dass dies auf Anhieb erkennbar sei.

Ob ein Verstoß gegen diese Neuregelung vorliegt, sollen Behörden im konkreten Einzelfall anhand bestimmter Kriterien überprüfen. Im Rahmen der Beurteilung soll zunächst geprüft werden, ob sich die entsprechenden Produkte voneinander wesentlich unterscheiden. Ist dies der Fall, soll geprüft werden, ob die Unterschiede für die Verbraucher leicht zu erkennen sind und ob Gewerbetreibende aufgrund legitimer und objektiver Faktoren, wie bspw. nationalen Sonderregelungen, der Verfügbarkeit oder der Saisonabhängigkeit von Rohstoffen am Markt oder der Anwendung freiwilliger Strategien zur Verbesserung des Zugangs zu gesunden und nährstoffreichen Lebensmitteln (z. B. Strategien zur Reduktion von Zucker, Salz und Fett) etc. dazu berechtigt sind, die Waren anzupassen. In diesem Zusammenhang sollen Behörden berücksichtigen, ob entsprechende Informationen auf dem Produktetikett oder auf sonstige Weise, z. B. sonstigen Werbematerialien, Internetpräsenz, Hinweis auf bestimmte nationale Reduktionsstrategien etc. zur Verfügung gestellt werden.

Liegt ein entsprechender Rechtfertigungsgrund vor, sind die Unterschiede der vermarkteten Waren unter derselben Marke berechtigt und gelten somit nicht als irreführend.

Die Richtlinie (EU) 2019/2161 tritt am 07.01.2020 in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 28.11.2021 Zeit, nationale Umsetzungsgesetze für die Transformation der Richtlinienvorgaben in das nationale Recht zu erlassen. Die nationalen Transformationsregelungen sind gem. Art. 7 Abs. 1 Satz 3 der Richtlinie (EU) 2019/2161 spätestens ab dem 28.05.2022 anzuwenden.

Lebensmittelunternehmer sollten daher in der kommenden Zeit beobachten, wie die neuen Vorgaben in den jeweiligen Mitgliedstaaten umgesetzt werden und ob diese Regelungen gegebenenfalls über die Vorgaben der Richtlinie hinausgehen.

 

 

Redaktion Dr. Clemens Comans