Der EuGH hatte sich mit der Kennzeichnung eines Müslis zu befassen, über dessen Vertrieb in Deutschland gestritten wurde. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte den Hersteller abgemahnt, weil er der Auffassung war, dass die vom Unternehmen verwendete Nährwertkennzeichnung nicht den Anforderungen der LMIV entspricht. Das entsprechende Urteil finden Sie hier.

Der Hersteller gab auf seiner Müslipackung zunächst eine vollständige Nährwerttabelle mit allen erforderlichen Angaben an. Dabei bezogen sich die Nährwertangaben zunächst wie vom Gesetz gefordert auf 100 g des Produktes zum Zeitpunkt des Verkaufs. Zusätzlich wurden die Nährwertangaben jedoch auch auf eine Portion von 40 g des Müslis mit 60 ml Milch mit einem Fettgehalt von 1,5 % als zubereitetes Müsli angegeben.

Auf der Schauseite der Verpackung wurden ausschließlich die Angaben zum Brennwert und den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz wiederholt, wobei sich diese Angaben ausschließlich auf die Portion des zubereiteten Lebensmittels bezogen.

Diese Art und Weise der Darstellung auf der Schauseite der Verpackung hielt der Bundesverband der Verbraucherzentralen für unzutreffend und für einen Verstoß gegen die Vorschriften der LMIV. Deshalb nahm der Bundesverband der Verbraucherzentralen den Hersteller auf Unterlassung in Anspruch.

Nachdem das Landgericht Bielefeld der Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen zunächst stattgegeben hatte, hob das Oberlandesgericht Hamm auf die Berufung das Urteil auf und wies die Klage ab. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen legte sodann Revision beim Bundesgerichtshof ein, der das Verfahren aussetzte und dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens zur Entscheidung vorlegte.

Im Kern ging es um die Frage, wie Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 der LMIV auszulegen ist. Nach dieser Regelung können sich die Nährwertinformationen auf das zubereitete Lebensmittel beziehen, sofern ausreichend genaue Angaben über die Zubereitung gemacht werden und sich die Informationen auf das verbrauchsfertige Lebensmittel beziehen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen war der Auffassung, dass diese Regelung aufgrund der unterschiedlichen Zubereitungsmöglichkeiten für Müsli nicht einschlägig sei. Das Müsli könne durch die Zugabe von Milch, Joghurt, Quark, Fruchtsäften, Früchten, Konfitüre oder Honig zubereitet werden und auch ohne jede Zubereitung verzehrt werden. Der Hersteller war der Auffassung, dass er durch die konkrete Bezeichnung des Lebensmittels, das zur Zubereitung vorgesehen war, nämlich Milch mit einem Fettgehalt von 1,5 % und der Angabe der Menge von 60 ml, die Zubereitung ausreichend genau vorgegeben hat.

Dieser Auslegung erteilte der EuGH eine Absage. Der EuGH stellt in seiner Entscheidung heraus, dass es bei der Regelung, dass ausnahmsweise auf das zubereitete Lebensmittel abgestellt werden dürfe, um die Vergleichsmöglichkeit des Produktes mit anderen Lebensmitteln gehe. Die Vergleichsmöglichkeit sei jedoch nicht mehr gegeben, wenn das Produkt auf unterschiedliche Weisen zubereitet werden könne und sich die Nährwertangaben auf die vom Hersteller empfohlenen Zubereitungsweise beziehen.

Schließlich könne die fehlende Vergleichbarkeit auch nicht dadurch geheilt werden, dass die Werte für eine Portion (des nach Herstelleranweisung zubereiteten Lebensmittels) an anderer Stelle auf der Verpackung mit den Werten je 100 g des Erzeugnisses zum Zeitpunkt des Verkaufs angegeben werden. Die isolierten Informationen auf der Vorderseite der Verpackung ließen keinen Produktvergleich zu und die zusätzlichen Deklarationen an anderer Stelle auf der Verpackung mit anderen Referenzmengen seien lediglich geeignet, den Verbraucher hinsichtlich der Vergleichbarkeit mit anderen Erzeugnissen noch mehr zu verwirren.

Die vorliegende Entscheidung des EuGH ist eine Zwischenentscheidung. Nunmehr muss der Bundesgerichtshof das bei ihm anhängige Verfahren endgültig entscheiden. Durch die Vorlageentscheidung des EuGH dürfte jedoch mit ziemlicher Sicherheit feststehen, dass der Bundesverband der Verbraucherzentralen im Ergebnis mit seinem Unterlassungsbegehren Erfolg haben wird.

Die Auslegung des EuGH ist sehr restriktiv und entfernt sich immer weiter vom Leitbild des aufmerksamen und informierten Durchschnittsverbrauchers, der die gesamte Kennzeichnung zur Kenntnis nimmt und seiner Kaufentscheidung zugrunde legt. Insoweit ist zu beachten, dass der Hersteller des streitgegenständlichen Müslis eine konkrete Zubereitungsanweisung gegeben hat und die Nährwertangaben pro 100 g des nicht zubereiteten Produktes angegeben waren. Nach dieser Entscheidung bleibt nun die Frage offen, welchen Anwendungsbereich Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 LMIV haben soll. Folge der Auslegung des EuGH ist danach, dass Informationen nur dann auf das zubereitete Lebensmittel bezogen werden können, wenn es für das in Rede stehende Lebensmittel nur eine feststehende Art der Zubereitung gibt. Wenn dabei jedoch die Rechtsprechung – wie der EuGH in der vorliegenden Entscheidung – die Vorgaben des Herstellers unberücksichtigt lässt und auch andere denkbare Zubereitungsweisen einbezieht, bleibt unklar, um welche Lebensmittel es sich überhaupt noch handeln soll, die nur auf eine einzige Art und Weise zubereitet werden können. Im Ergebnis wird der Anwendungsbereich der Vorschrift jedenfalls extrem eingeschränkt.

Hersteller, die ihre Nährwertangaben auf das zubereitete Lebensmittel beziehen, sollten jedenfalls prüfen, ob sich aus der aktuellen Entscheidung des EuGH ein konkreter Handlungsbedarf ergibt.

 

Redaktion: Sascha Schigulski